Mätes auf dem Weg nach Santiago
  5. Tag
 

30.07.  Ponte de Lima - Rubiães  17,1km

Hoch hinauf.
Irgendwie hatte ich wohl gestern Abend zu viel Rotwein intus, denn als Rosalie mich in allerherrgottsfrüh weckt ist schon über die Hälfte der Mitpilger unterwegs. Ohrenstopfen und Vinho Tinto, eine gute Kombination für tiefen Schlaf. Ein Blick hinaus und es ist ziemlich nebelig und kalt, zum ersten Mal seit wir in Portugal sind. Wir verabschieden uns von Ingrid&Joachim, Rosi verarztet noch ihre Blase am Zeh die sie sich Gestern zugezogen hatte, nimmt IBU600 für die Hüfte ein und schon sind wir auch schon unterwegs. Auf einem schmalen Steinsteg durchqueren wir eine Weile Weinreben zur Rechten und eine Steinmauer zur Linken. Dann kommen wir an einem altem Anwesen vorbei dessen Mauern von den gleichen Ornamenten geschmückt sind wie die Römerbrücke über dem Lima. Anschließend unterqueren wir die A27 und bewegen uns allmählich bergauf. Heute wird und der Caminho auf 405m Höhe bringen und wenn man bedenkt das Ponte de Lima fast auf Meerestiefe liegt sind es echte 405m Anstieg. Doch bevor es richtig steil wird passieren wir noch kleinere Dörfer bzw. Häuseransammlungen und immer wieder verbrannte Wäldchen. Pilger sehen wir bisher keine, wir sind wohl mit die Letzten heute. Noch immer ohne Kaffee erreichen wir die Gegend um Arcozelo, auf kurzen ebenen Geländeabschnitten wird vermehrt Wein angebaut und so werden wir Zeuge wie die Bauern ihre Trauben mit Chemie schützen. Zur Erklärung: Uns ist seit Porto aufgefallen das die Trauben manchmal einen seltsamen hellblauen Schimmer tragen und auch die Trauben dann nicht sonderlich schmackhaft waren, auch wenn wir sie sauber geputzt hatten. Zwei Bauern jedenfalls haben einen 15l Eimer mit Pulver und Wasser gefüllt und rühren die Masse mittels eines Stück Rundeisens inkl. Angeschweißten Blech das im Spannfutter einer Handbohrmaschine steckt um bis sich eine knallblaue Flüssigkeit gebildet hat. Danach spritzen sie das Zeug mit einer Handpumpe über ihre Weinreben und fertig ist der Pflanzenschutz. Der Boden unter den Pflanzen sieht aus wie die Tartanbahn der Leichtathletik strecke im Berliner Olympiastadion. Von nun an gibt es keine frisch gepflückten Weintrauben mehr aus Jakobswegs Garten. Besser nicht Der Weg verläuft nun sehr verträumt durch bewaldetes Gebiet und meistens begleitet uns in einer Schlucht ein laut dahin plätschernder Bach dessen Wasser seinen Weg zum Lima sucht. Völlig überraschend stehen mit einem mal einer Fischzuchtstation mitten im Wald. Modern aufgezogen in einem ca. 50m langen Teich schwimmen hier hunderte Fische zum Verzehr bereit, man braucht nur noch zugreifen, was aber beobachtet von sehr vielen Kameras verhindert werden soll. Zur Station gehört auch ein Restaurant mit Terrasse, Kaffeezeit. Endlich bekommen wir auch ein paar Pilger zu Gesicht, alle mit heißem Kaffee ausgestattet. Diana&Peter waren doch tatsächlich hinter uns und nehmen den Nachbarstisch in Beschlag, da gehen wir auch schon wieder los. Na immerhin sind wir nicht die Letzten auf dem Weg zum Gipfel. Peter trägt einen sehr großen Rucksack, und er sieht auch nicht sonderlich leicht aus. Er ist ein großer, hagerer Kerl mit braungebrannter Haut einer sympathischen Ausstrahlung. Diana trägt immer ihren hellen Strohhut mit großer Krempe die Sie sicher vor den Sonnenstrahlen schützen soll. Auch Sie kommt wirklich nett rüber und lächelt eigentlich ständig. Ihr Rucksack sieht bei weitem nicht so schwer aus wie der von Peter, was aber auch verständlich weil wir sie auf ca. 65+ schätzen. Ok, der Berg ruft und wir folgen ihm. Die neu gebaute Nordautobahn 3 kreuzt immer wieder den Caminho so dass wir viel Betonstelzen unterhalb der Fahrbahn sehen. Zwei schwere Eisenträger ohne Geländer sollen eine Brücke darstellen die einen Minibach überspannen. Hinter uns kommt das ruhige jüngere kanadische Pärchen an der „Brücke“ an und ich mache schnell ein Bild von den erstaunten Wanderleuten. Kurz darauf verlässt uns die A3 und wir kommen wieder in bewohntes Gebiet. Steil bis sehr steil gehen wir an idyllisch gelegenen Häuschen und Gärten auf Asphaltstraßen den Berg hinauf. Je mehr Höhenmeter wir zurücklegen umso häufiger zeigt sich die Sonne zwischen Wolken die noch in den Tälern hängen. Rosalies Schmerzen machen ihr nun richtig zu schaffen, die zweite IBU muss eingeworfen werden als Vorbeugung im Wissen das wir noch lange nicht den Gipfel erreicht haben. Meinem Magen geht es heute Früh auch nicht wirklich gut und so benutze ich das erste Mal die WC-Papier-Rolle, welche sich in meinem Rucksack ganz unten auf dem Boden befindet und ziemlich zerknautscht aussieht und verschwindet mal kurz in Mutter Natur. In Codecal bei Km 8 passieren wir einen kleinen Laden an dem Pilger vor der Tür sitzen und Kaffee trinken, doch wir wollen vor unserer ausgiebigen Frühstückspause zuerst den Anstieg hinter uns haben und uns das Mahl verdienen. Das Dorf Labruja, der Brunnen Ponte das Três Bicas an dem wir noch einmal unsere Wasserflaschen füllen und schließlich die letzte Siedlung Bandeira nehmen kaum Kenntnis von uns weil wir lautlos und ohne murren mit schweren Beinen in Richtung Himmel stürmen. Ein großes dunkles Waldstück an dessen Ende strahlender Sonnenschein und königsblauer Himmel zu sehen ist lässt uns jubeln weil wir denken dass wir Oben angekommen sind. Von wegen, der Pfad führt uns nach links und geht weiter steil hinauf. Trotzdem genießen wir die grandiose Landschaft und gehen weiter bis wir das Cruz dos Franceses erreichen. Das Steinkreuz kennzeichnet eine Stelle im Wald an dem Napoleon um 1811 in einen Hinterhalt der Iberer geraten war. Wir legen zur Erinnerung unsere Steine ab und begeben uns weiter auf die steilste Stelle des heutigen Tages zu. Fast senkrecht hoch die letzten Meter über große Steine, dicken Baumwurzeln und losem Sand. Nur gut das es heute hier nicht regnet und die letzten Tage nicht geregnet hat. Die Aussicht zurück ins Tal ist der Wahnsinn, dazu noch dieses tolle Wetter, einfach klasse. Wir befinden uns nun auf 405m, ganz in der Nähe der Anhöhe Portela Grande (435m) und haben schon 12,3km hinter uns gebracht. Ein paar Schritte den Berg auf der Nordseite herunter und wir finden auch schon einen Picknickplatz. Ein großer und relativ ebener Granitfelsen der lecker warm von der Sonne aufgeheizt ist. Eine ausgiebige Pause mit allem was wir an Verpflegung gestern in Ponte de Lima gekauft hatten und um 10:30Uhr nur noch 5,8 Restkilometer vor der Brust, wow, so kann es weiter gehen bis Santiago. Zwei Pilgerinnen kommen vorbei und machen ein Foto von uns, dann haben wir den Wald für uns alleine. Zur Abwechslung dürfen wir bis zum Ziel durch einen sonnendurchfluteten Nadelwald stetig bergab laufen. Ab und zu passieren wir kleinere Höfe mit vielen bellenden Hunden die aber jakobseidank an ihren Ketten nicht nahe genug an uns heran kommen. Die Mittagshitze gegen 12Uhr erreicht sicher ca. 30Grad, doch keine zwei Stunden nach unserer Pause sitzen wir im Hof der Albergue San Pedro in Rubiães auf immerhin noch 200m Höhe. Die Ersten sind wir natürlich nicht und so machen wir es uns im Schatten mit den Anderen bequem. Eine Stunde später eröffnet die Unterkunft und wir checken ein. 34 Betten in zwei Räumen, wir sind im Erdgeschoss unter gekommen und suchen uns ein Bett am Fenster. Wäsche waschen, Duschen und dann einen Kilometer herunter ins Dorf. Auf dem Weg dorthin kommen uns Ingrid&Joachim entgegen und berichten von einem superkleinen Supermarkt indem es aber doch alles Nötige zu kaufen gibt und eine kleine Bar beinhaltet. Joachim hat doch tatsächlich einen kleinen Weihnachtsmann gekauft, und das mitten im Sommer in der nördlichsten Region Portugals. Wir schlendern zum kleinen Geschäft und trinken ein eiskaltes Bier. Danach gehen wir wieder zurück und bleiben an einer anderen Bar hängen für eine weitere Erfrischung. Hier kommen wir mit Melissa&Antony aus Kanada ins Gespräch, in Rates waren sie schon mit uns auf einem Zimmer. Als die Beiden sich auf den Heimweg machen kommt Kanada Teil 2 zu uns an den Tisch. Diana&Peter aus Calgary. Wir erfahren dass sie vor ihrer Pensionierung für einige Jahre bei der UNO in Wien gearbeitet hatten und somit sehr gut Deutsch sprechen. Sie sind schon sehr lange auf Europatournee und seit Mai unterwegs. Sie wollten ursprünglich die Pyrenäen vom Atlantik zum Mittelmeer überqueren und haben die Ausrüstung in Form eines Zeltes mit allem drum und dran im Rucksack dabei. Diana wollte dann aber lieber doch nicht wochenlang im Campingzelt nächtigen und so sind sie halt 1600km den Jakobsweg von Le Puy in Frankreich bis Santiago gegangen. Und da sie noch genügend Zeit bis zu ihrem Rückflug hatten sind sie von SdC nach Porto gefahren und haben den Caminho Português in Angriff genommen. Peter ist mit GPS ausgerüstet und so brauchen sie keinen Wanderführer. Sein Rucksack wiegt stolze 16kg! Diana hatte vor nicht allzulanger Zeit eine schwere Krankheit teilweise besiegt und strahlt eine ungeheure Ruhe und Zufriedenheit aus. Ein tolles Paar, die Beiden. Zurück zur Unterkunft legt sich mein Schatz ein wenig hin, ich setze mich in den Gemeinschaftsraum und Schreibe. In den Räumen der Herberge ist es sehr warm, trotzdem versuche auch ich für ein Stündchen einzuschlummern. Dadurch das alle Fenster geöffnet sind kommen leider auch viele Fliegen in das gebäude, und genau diese vielen Brummer machen es für mich unmöglich zu schlafen. Da kannste Eine nach der Anderen platt kloppen, es kommen immer wieder Neue dazu. Immerhin befinden wir uns auf dem Land und da gehören die Biester eben dazu. Nun gut, schlafen können wir auch heute Nacht. Im Hof der Herberge macht sich eine Gruppe Pfadfinder breit, 20 – 30 junge Leute inklusive der Leiter. Die Küche ist am Abend voll im Beschlag der Helfer und es gibt Spagetti Bolognese für die Jugendlichen. Wir verziehen und auf die andere, der sonnenzugewandten, Seite des Hauses und machen uns mit Ingrid&Joachim gemütlich. Mit Joachim war ich vorher kurz ins Dorf zur Bar gegangen um Vinho Tinto nachzutanken. Baguette, Käse, Chorizo, Nüsse und Rotwein. Ein spaßiger Abend mit den super lustigen Lehrern aus Tirol. “Du bist das Land dem ich die Treue halte, weil Du so schön bist, mein Tiroler Land”. Als ich Joachim den Refrain des neuen Tiroler Volkslieds vorsinge, ist er völlig aus dem Häuschen. Ein guter von Freund von den Beiden ist der Komponist................... Der wunderbare Sonnenuntergang fasziniert uns allesamt und um 23Uhr ist Schlafenszeit. Im Flur liegen doch tatsächlich ein paar Pfadfinder auf dem Boden und schlafen, der Hof ist überfüllt von Jungen Menschen die noch die ganze Nacht Musik hören. Gute Nacht Bruderland.



Der Schlafraum ist fast leer, da verabschiedet Rosalie unsere Tiroler Freunde.


Draußen ist es kühl und nebelig...


...trotzdem leuchten diese Blüten aus der Trübe hervor.


Ein sehr alter Stieg. Links die hohe Mauer und rechts eine halb so Hohe. Dahinter eine Allee mit Weinreben die ein Maisfeld abgrenzt.


Dieses alte Gebäude inmitten der Felder mit den Ornamenten die auch auf der Römerbrücke vorhanden sind.


Und der Besitzer des Hauses kommt aus London. Mein Kumpel Detlef-Dee vielleicht?


Auch hier verbrannte Erde und Sträucher, der Geruch lag noch in der Luft.


Ich hätte gerne eine Runde Fußball mit Rosalie gespielt, aber mit nassen Schuhen............


Immer wieder kreuzten wir die A3.


Abenteuerliche Brücke über eine kleine Schlucht. Antony und Melissa aus Kanada.


Sehr schöner Weg bevor die letzten Siedlungen für Abwechslung sorgten.


Rosalie sprach den Bauern auf seine Rinder an...


...und er präsentierte dann seine Kuh und drehte ihr den Kopf in die Kamera.


Wir durchdrangen die Wolkendecke und es wurde direkt spürbar wärmer.


Wasser nachfüllen am Fonte das tres Bicas.


Danach wurde es richtig steil.


Die Nordic-Walking Stöcke waren eine sehr große Hilfe bei den Steigungen, doch bergab mindestens genauso hilfreich.


Riesiger Weiß-den-Namen-nicht Busch. Größer als drei PKW. WOW.


Da dachten wir das nun der Abstieg beginnt...


...und Freude macht sich breit.


Von wegen, nun ging es ertsmal richtig hoch.


Nicht geradeaus sondern links hinauf.


Auf diesem Foto sehr gut zu erkennen wie steil es bergauf ging.


Am Cruz dos Franceses...


...legen wir unsere mitgebrachten Steine ab.


Hat aber einen Riesenspaß gemacht.


Ein paar Meter noch und wir konnten...


...diese grandiose Aussicht genießen.


Was war das für eine wunderschöner Picknickplatz, fantastisch.


Der Abstieg hinunter ins Tal war ein Traum.


Schattenspendende Weinreben über dem Weg sorgten für Abkühlung.


Die Mauer im Wald sind Überbleibsel der Via Romana XIX. Die Bäumen wachsen einfach hindurch.


Stolzes, wenn auch lädiertes Wegkreuz kurz vorm Ziel.


Eine ordentliche Albergue San Pedro in Rubiães.


Der Innenhof unser Herberge bei der Ankunft. Andere Pilger haben schon ihre Wäsche gewaschen.


Info-Tafel über die Via Romana XIX. Sie führt von Braga (P) nach Astorga (E) gegenüber an der Landstraße.

Warten das die Unterkunft öffnet.


Der jecke Joachim hat doch tatsächlich einen kleinen Weihnachtsmann im Minisupermarkt erstanden.


Bar und Supermarkt in einem Haus, sehr originell.


Der Rio Coura durchschneidet das kleine Tal.


Rechts versuche ich zu schlafen, doch die vielen Fliegen nehmen die Einladung durch die offenen Fenster herein zu kommen gerne entgegen und ärgern mich.


Sehr lauschiges Plätzchen für uns auf der Vorderseite der Herberge.


Sehr nettes Lehrerehepaar aus Tirol, Ingrid und Joachim.


Der Sonnenuntergang war ´ne Wucht.

 
   
 
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