Mätes auf dem Weg nach Santiago
  16.Tag
 

07.05. Fromista - Carrión de los Condes  20.3km

Ein Tag mit Höhen und Tiefen.
Bis 06:45Uhr geschlafen. Wir möchten heute Früh noch einen Kaffee in der Herberge trinken aber der schlecht gelaunte Hospitalero gibt uns zu verstehen: Komplettes Frühstück oder gar nichts! Dann laufen wir lieber los. Kommen aber nur hundert Meter weit weil es anfängt zu regnen und wir unsere Regensachen überstülpen müssen. Hier treffen wir Silke, die ich am gestrigen Abend kennengelernt hatte, und sie schließt sich uns an. Ich freue mich riesig, denn Silke ist eine herzerfrischende Frau mit Humor und nicht auf den Mund gefallen. Die nächsten 9km über Población de Campos vergehen wie im Flug und schnell bekommen wir unseren ersten Kaffee in Revenga de Campos. In der Bar gesellt sich Edeltraud zu uns und so haben wir genügend Unterhaltung...... . Der Weg führt über die gesammte Strecke immer einer wenig befahrenen Landstraße entlang, ist zwar ziemlich langweilig für die Augen aber dafür wurden hier eine unendliche Anzahl von Wegzeichen aufgestellt, wie auf den Bildern zu sehen ist. Wir passieren Villarmentero de Campos (schon wieder Campos als Endung, erklärt sich aber ganz leicht weil es übersetzt Felder heißt, der Gegend angepasst), kurz ein Bild der nächsten Kirche gemacht die meinen Namen trägt und dann weitere sechs Kilometer bis Villálcazar de Sirga. Es ist gerade erst 12Uhr und wir können uns viel Zeit lassen bei unserer Mittagspause. Zwei Bänke der Plaza zusammengeschoben und wir genießen unser karges Pilgermenü. Daheim ist Muttertag und ich rufe meine Mom an, welche sich riesig freut. Es ist frisch aber nicht kalt, wir sitzen unter den zusammengewachsenen blattlosen Bäumen (Platanen, glaube ich) und dieser Tag tut der Seele richtig gut, was man mir auch dem Gruppenfoto ansehen kann. Da wusste ich allerdings noch nichts von der bevorstehenden Nacht, doch dazu später mehr. Gegen 13:30Uhr nehmen wir die letzten 6km in Angriff. Stehts geradeaus und Carrión und dunkle Wolken in Sicht. Uns überholen doch tatsächlich zwei Jogger mit Rucksack! Ein Pärchen, um die 45J., in kurzen Laufhosen und Shirt. Sehen ziemlich hager aus, die Beiden. Hardcore Camino, unglaublich. Kurz bevor wir Carrión de los Condes erreichen zieht ein Sturm auf der jede Menge Regen mitsich bringt. Bis wir uns am Ortseingang unterstellen können sind wir auch schon pitschnass. Die Beine kühlen imnu ab und die Suche nach der Albergue, besser gesagt ein Kloster bzw. Stift mit dem Namen Spiritus Santos, dauert diesmal etwas länger. Die Beschreibung im Reiseführer lässt zu Wünschen übrig. Für 7€ bekommen wir ein prima Zimmer, ohne Etagenbetten und tiefen und weichen Matrazen. Sehr gemütlich. Das Kloster wird von sehr netten Nonnen geleitet und wirkt auch sehr spirituell. Dusche, Wäsche waschen, ausruhen und dann kaufen wir den Proviant für Morgen ein. Es wartet ein langes Teilstück, direkt hinter Carrión auf uns welches 17km gerade geradeaus und ohne eine einzige Ortschaft führt. Im Reiseführer steht: "Unbedingt an Wasser, Proviant und Kopfbedeckung denken! Im Sommer die frühen Morgenstunden nutzen." Na denn, lassen wir uns mal überraschen. Meine abgezippten Hosenbeine sind zu nass zum anziehen, so kann ich nur in kurzer Buchse durch die Stadt schlendern. Den Einkauf zurück zum Zimmer gebracht sehen wir uns ein wenig im Ort um. Zwei drei Bierchen in einer Bodega, dann suchen wir uns ein Restaurant und gönnen uns ein Pilgermenü zum Abend. Ich wähle als Vorspeise eine heiße Suppe mit Kichererbsen, dann ein Pollo welches aber überhaupt nicht cross gegrillt ist sondern nur gekocht wurde und zum Schluss ein Eis. Über unserem Tisch hängt ein Riesenbild von Colonia aus dem Mittelalter, ich fühle mich immer noch gut, trotz kalter Beine und der immernoch anhaltenden Schmerzen in den Sehnen. Überhaupt ist das Gehen in den Sandalen schmerzhafter als in den Wanderstiefeln, weniger Halt denke ich. Doch meine Treter stehen in der Albergue unter einer Heizung zum Trocknen. Nach dem Essen besuchen wir die Pilgermesse. Großes Wiedersehen mit Alfredo, Gitte und Irmgard. Eine tolle Messe in vielen Sprachen und einem lustigen Pfarrer. Total locker, doch ich fühle mich unwohl weil ich als einzigster in kurzer Hose im Gotteshaus sitze. Hier lernen wir das Lied "Camino de Santiago sovoy, Camino de Santiago contigo" welches den Einen oder Anderen bis Santiago leise vor sich her summend begleiten wird. Ein echter Ohrwurm quasi. Zurück in der warmen Herberge freuen wir uns auf die komfotablen Betten, singen noch gemeinsam mit den Franzosen, deren Betten an der gegenüber gelegenen Wand stehen das Kirchenlied und um 22Uhr ist das Licht aus. Beim Einschlafen ist mir schon ein wenig übel. Pünktlich um Mitternacht werde ich vor Übelkeit wach, mir ist kotzschlecht!!! Ich nehme meine Armbanduhr, leuchte mir den aus dem Zimmer und über den Flur, erreiche den Waschraum indem auch die Toiletten sind, reiße den erstbesten Klodeckel hoch und weiß in einem kurzen Moment nicht was ich zuerst machen soll. Mich setzen oder knien. Jedenfalls durfte der Pott keinen Zentimeter weiter entfernt sein, ich entledige mich des ersten Drucks und übergebe die Speisen, in Vino Tinto getränkt, der städtischen Kanalisation. Leider Zeitgleich begleitet von einem Durchfall. Der erste Druck ist zwar vorbei, doch von dem jämmerlichen Anblick in der Keramik wird mir nur noch übler. Das Niemand vom laut schallenden Geräuschpegel wach wurde wundert mich heute noch. So verweile ich noch dreißig Minuten in dem gekacheltem Raum, verwische die Spuren der üblen Attacke, wasche meine Unterhose und suche eine warme Heizung im Gebäude auf der sie trocknen könnte. Da fällt mir der kleine Gemeinschaftsraum ein, in der auch die ebenso kleine Küchenzeile und der Computer untergebracht ist. Ich also über den langen Flur, gehe ganz leise barfuß hinein und siehe da, es ist doch noch jemand wach. Ein männlicher Pilger sitzt am PC der überrascht von mir ganz schnell irgendeine Seite schnell wegklickt. Ist mir aber egal, mir gehts zu schlecht. Ich hänge die Hose auf die Heizung indem ich ein paar andere Sachen einfach zur Seite schiebe und suche wieder mein warmes Bett auf. Silke ist wach und fragt nach meinem Befinden, lieb von ihr. Doch leider geht die Prozedur noch bis 03:30Uhr weiter bevor ich völlig schlapp endlich zur Ruhe finde. Man o man, wie soll ich bloß die Via Aquitana nachher überstehen, ich fiere trotz der molligen Wärme im Raum. Kichererbsen und labriges Hähnchen verschwinden ab sofort von der Speisekarte. Dieser Tag hatte es wirklich in sich aber trotzdem etwas Gutes, etwas besonders Gutes sogar. Denn heute wurde Daheim die kleine Emily geboren und die Eltern, Stefan und Jessica hatten mir ein schönes Bild mit der Maus geschickt und Mutter und Kind sind wohlauf. So ist das Leben, ein ständiges Auf und Ab. Nehme das als Zeichen von Oben. Nacht, Mätes.



Silke, Josef, Edeltraud und Andries beim ersten Café con Leche in Revenga de Campos.


Schon jeck, aber lustig anzusehen..............


............verlaufen quasi unmöglich!


Der Zahn der Zeit nagt auch an den Wegzeichen.


Die nächste Kirche die meinen Namen trägt.......


....in Villarmentero de Campos.


Tolle Gefährten die unterschiedlicher nicht sein konnten.


Mittagessen auf der Plaza in Villalcazár de Sirga.


Groß und wuchtig erhebt sich die Iglesia de Nuestra Señora de la Virgen Blanca aus dem 12. - 13. Jh über Villalcázar de Sirga (kurz Villasirga; Camino de Sirga = Treidelweg). Die Tempelritter bauten die Kirche zur heutigen Größe aus.


Wegstein im Boden eingelassen und nass vom Regen in Carrión de los Condes. Ehemalige Hauptstadt der Tierra de Campos. Die von den Römern gegründete Siedlung am Río Carrión gehörte im Mittelalter zum Königreich Castilla y León.


Unsere Herberge, das Kloster Espiritu Santo, natürlich mit einem Storch auf dem Dach.


Nach der Pilgermesse.


Unser Zimmer. Au der einen Seite liegen wir und........


.......gegenüber die Franzosen. Gestartet in Frankreich und bis SdC stattliche 1600km!


Bevor das Licht ausging, im wahrsten Sinne des Wortes :-(

 
   
 
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