Mätes auf dem Weg nach Santiago
  13.Tag
 

04.05. Burgos - Hornillos del Camino  21,1km

No Pain, no Glory.
Wieder sehr gut geschlafen und um 06:30Uhr aufgestanden. Ich sehe nach Draußen und es schneit!!!! Schnee im Mai! Ich kanns kaum glauben. Im Vorraum machen sich alle unter großem Gemurre schneefertig, doch jeder nimmt es irgendwie mit Humor. Aber ich denke an die Kälte und die viel zu dünne Kleidung und Handschuhe habe ich auch keine, doch wer hat die schon dabei. Um 07:30Uhr geht es ab durch einen leichten Schneefall, doch noch in Burgos hört es Jakobseidank auf. Ich lasse es ganz langsam, sehr langsam, angehen. Höre auf meine Schienbeine und Füße. Mich überholen allerhand Pilger, ich bleibe eisern um mein Tempo niedrig zu halten. Wenn ich so recht überlege überholt mich eigentlich Jeder. Egal, bei 505 Restkilometer ist mir das in diesem Moment auch ziemlich Wurscht :-) , 505km, keine kleine Zahl..........., zu Fuß. An einer digitalen Temperaturanzeige lese ich -1°Grad Celsius. Meine Hände sind krebsrot, eiskalt und das Greifen der Stöcke schmerzt, so merke ich wenigstens nichts von meinen 2PS die in den Wanderschuhen stecken. Am Ortsausgang, ich muss an einer Fußgängerampel kurz anhalten, gesellt sich Josef aus Freckenhorst zu mir. "Du bist der Martin?". Josef ist Gestern aus Bilbao angereist und wie ich zum ersten Mal auf dem Camino. Der rüstige und wandererprobte Rentner aus dem Münsterland ist genau der richtige Wanderpartner für mich. Er lässt es langsam angehen, ist richtig nett, noch ein wenig unsicher und durch seine Erzählung wie er seine schwierige Anreise bis Burgos gemeistert hat (Sprachprobleme am Busbahnhof Bilbao, spanische Telefonkarte im deutschen Handy) bin ich ein wenig abgelenkt. Er wusste von mir weil er sich mit Marie-Luise&Klaus unterhalten hatte. Hinter Burgos beginnen die Tierra de Campos, die scheinbar unendlichen Getreidefelder der Meseta, der zentralspanischen Hochebene, doch auch hier habe ich für die Landschaft kaum ein Auge übrig, höre ständig in mich hinein um die möglichen Signale sofort zu vernehmen. Hinter der Stadt im ungeschützten Land kommt starker Wind erschwerend hinzu, die Hände gefrieren in der Position an den Stöcken fest. Unter einer Autobahnbrücke die die A231 unterquert machen wir Pause damit ich mir eine Zigarette drehen kann und treffe prompt Gitte und Irmgard die sich auch kurz ausruhen. Die Beiden waren gestern Nacht in einer anderen Herberge in Burgos untergebracht und das Wiedersehen ist riesengroß. Familie halt, ist wirklich so. Nach 10km erreichen wir Tardajos, ein heißer Kaffee in einer Bodega wärmt uns auf. In dieser Bodega arbeitet hinter der Theke eine hochschwangere Frau ganz alleine und ist völlig überfordert mit dem Bedienen der Pilger und einigen einheimischen Arbeitern die wie jeden Tag ihre Frühstückspause auf spanische Art mit viel Palaver am Tresen verbringen. Die arme Frau tut mir richtig leid und ich bedenke das ein paar Schmerzen, die ich mir völlig freiwillig zugeführt habe, ein Nichts sind im Vergleich zu dem Stress den die Señora hier täglich ertragen muss um durchs Leben zu kommen. Die Toiletten sind ein Graus, schmutzig, die Türen sind defekt und ebenso die Beleuchtung. Hartes Brot im realen Leben einer Wirtin. Hier entscheide ich mich zum Weitergehen, noch ein paar Worte mit Gitte gewechselt und raus aus der doch typisch normalen Landbodega. Zu allem Übel setzt hinter Tardajos ein Graupelschauer ein. Die nächsten zwei Kilometer bis Rabé de la Calzadas kämpfen wir uns durchs Wetter um in diesem kleinen Ort windgeschützt den letzten Anlauf zu nehmen. Hinter der Ortschaft geht es sechs Kilometer seicht bergauf, was mir keine Probleme bereitet. Doch dieses fiese Wetter fegt mich förmlich weg, nun mit Poncho bekleidet biete ich eine wunderbare Anfriffsfläche für Dondra, dem Wetter- und Windgott. Ich fühle mich wie ein Campingzelt dem die Heringe geklaut wurden. Hagel, waagerecht durch die Luft fliegend tut sein Übriges. Man o man, welch ein Tag. Irgendwann ist Hornillos in Sicht, nur noch zwei Kilometer bergab, jeder Wandersmann würde sich freuen, doch ich lasse Josef vorangehen und gehe den Abstieg kreuzend und langsam in Richtung Ziel. Es waren wohl doch ein paar Km zu viel und erschöpft, nicht von der Kraft her sondern die Schmerzen lassen mich ständig fluchen, überqueren wir dann doch gemeinsam, mein Begleiter wartet am Ortseingang auf mich, die kleine Brücke nach Hornillos del Camino. Hornillos war im Mittelalter eine wichtige Pilgerstation mit mehreren Pilgerhospitälern. Die gotische Kirche San Román stammt aus dem 16.Jahrhundert. So wie der Tag bisher verlaufen ist erwartet uns natürlich eine ausgebuchte Herberge. Na prima. So werden wir im Rathaus untergebracht, in einem kleinem Raum mit sieben Etagenbetten, sehr eng aneinander gestellt. Ich ergattere mir eines der unteren Betten, Josef natürlich auch, sonst wäre ich nach Oben gestiegen. Zum Duschen und zur Küche müssen wir halt ein paar Meter durch die eisige Kälte, aber immer noch besser als weiter zu Gehen. Im Haupthaus heiß geduscht, Medizin genommen, dann schneide ich mir auch noch beim Churizo schneiden tief in den linken Zeigefinger. Taschentuch drum gewickelt, gegessen, zurück zum Schlafraum und müde ins Bett. Kopf ist leer und braucht dringend Schlaf. Nach einer Stunde erholsamen Schlaf werde ich wach. Das bayrische Ehepaar, welches ich schon auf dem Weg nach Torres del Rio bei der Rast am Bill Gates Aussichtspunkt kurz kennengelernt hatte, und sich vorhin beim Pilgermahl in der Herberge ein paar Wein reingezogen hatte liegt links neben mir. Die Beiden liegen wunderbar eng umschlungen, halb im Schlafsack, keine Heizung im Raum, nebeneinander im zusammengeschobenen Bett. Ein echter Bayer, laut schnarchend. Da dreht er sich plötzlich im Bett um in meine Richtung und fällt aus dem Bett. Kein Scherz!!! Er knallt voll mit dem Kopf auf die harten Fliesen und ich ich denke nur wo ist hier bloß das nächste Krankenhaus. Er liegt da wie eine Schildkröte auf dem Rücken, völlig unbeweglich. Junge Junge, war das ein Knall. Gitte, ihr Bett ist an meinem Kopfende, und ich schauen uns nur an und helfen ihm wieder auf. Seine Frau wird langsam wach und weiß im ersten Moment gar nicht wo Oben und Unten ist. Ihm ist doch tatsächlich überhaupt Nichts passiert. Echter Dickschädel. Ich ziehe mich an, gehe mit Josef in die einzige Bodega hinüber und wir trinken uns ein paar Cerveza. Der Schuppen füllt sich sehr schnell mit allerhand Nationaltäten. Hier wird eine urige, spanische Küche angeboten doch gegessen hatte ich leider schon. Andries aus der Nähe von Amsterdam gesellt sich zu uns, oder wir zu ihm? Jedenfalls befreien wir ihn von Edeltraud aus dem Münsterland, sie ist schon zum x-ten Mal auf dem Camino............. Jetzt gibts nur noch sehr guten Vino Tinto aus dem Umland, Rioja, ist doch klar, und das für nur 80Cent pro Glas. Andries ist ein richtig netter Kerl, ca 55J. und spricht gut deutsch, englisch und französisch. Am Nachbarstisch ist die Stimmung heiter. Brasilianer, Spanier, Australier und Edeltraud. Ein Gruppenfoto muss her und wer sitzt in Reichweite? Der Mätes. Erstes Foto, nächster Apparat, zweites Foto, neuer Apparat, und nochmal und nochmal und nochmal, beim letzten Bild mit der Ansage "sexy" sag ich Ihnen das sie ab Sofort nur noch "Helmut Newton" zu mir sagen sollen, die Kneipe lacht sich schlapp. Um 21:30Uhr sehen wir zu das wir in ins Bett kommen, Andries Bett befindet sich neben meinem und über Josefs Koje. Ein neuer Gefährte. Dick einpacken, Licht aus und schlafen. Ein Neuanfang endet doch noch lustig. Buenas Noches, Martiño.



Am frühen Morgen der Blick auf die Straße, ein kleiner Schock.


Im Vorraum der Albuerge, Ken in der Mitte.


Los gehts im Schnee.


"Die Kalte" macht ihrem Namen alle Ehre, und das im Wonnemonat Mai in Spanien........


Der Himmel klart schnell auf, die Kälte bleibt.


Minus 1Grad° an einer Werbetafel der Burgos-Bank.


Schöner Wegweiser in Tardajos.


Nicht nur die Pilger hatten mit dem Sturm zu kämpfen, ebenso die kleine Bäumchen am Wegesrand.


Dorfbrunnen zum Auffüllen der Trinkflaschen in Rabé de la Calzadas.


Die Meseta im Sturm, der Wind fegte über die Wiesen und Felder.


Josef ein paar Meter vor mir und Hornillos ist nicht mehr weit.


Kleine Brücke am Ortseingang von Hornillos del Camino.


Die städtische (municipal) kleine Albergue war leider schon ausgebucht.


Kurzer Stop in der Bodega, hier noch sehr leer.


Blick aus meinem Bett nach Links zum bayrischen Bettstürzer.


In Richtung Fussende. Rechts Josef, oben rechts Andries. Sehr eng zusammengestellte Etagenbetten.


Das Licht im Raum ist schon aus, letztes Bild des Tages mittels Selbstporttrait. Dieser Tag hatte es wirklich in sich. Gute Nacht.

 
   
 
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