Mätes auf dem Weg nach Santiago
  24.Tag
 

15.05. Foncebadón - Molinaseca  20,7km

Das Ende der Kälte.
Der gestrige Abend war richtig lustig. Gut gegessen und danach noch eine Karaffe Wein (3€!!!, Zuhause bekommste dafür höchstens ein Glas) in der Herberge am Kamin mit den Anderen. Dann mal wieder schlecht geschlafen weil um mich herum drei Schnarcher in Rekordlautstärke lagen. Ich schaue kurz hinaus zum Wetter und erblicke den so ziemlich hoffnungslosesten Anblick der letzten Jahre. Ein fast ausgestorbenes Nest mit zerfallenen Häusern und das Wetter, schlimmer gehts nicht! Dickster Nebel, eisigkalt und nur Grau in Grau. Beim Abmarsch fluche ich vor mich hin, die übelsten Worte, kein Scherz. Der Aufstieg zum Cruz de Ferro verläuft durch eine kalte, im Sommer sicher sehr schöne, Heidelandschaft. Nach 45min sehe ich verschwommen das Kreuz vor mir. Gut das es so früh am Tag ist, keine Touristen stören diese Stimmung hier Oben. Jeder schweigt und bestaunt für sich selbst dieses eiserne Kreuz inmitten des großen Steinhaufens im Nebel. Rucksack abgestellt, Poncho aber wieder angezogen sonst laufe ich Gefahr zu erfrieren, es sind sicher Minusgrade hier in 1531m Höhe. Ich packe meinen Stein aus und lege ihn ab, die Hände schmerzen vor Kälte. Die Digitalkamera zu bedienen ist fast unmöglich. Was mache ich hier bloß? Zweifel ohne Ende. Warum tust Du Dir diesen Quatsch hier an? Dann hefte ich noch unser Wappen vom Zug an den Eichenpfahl (ist eigentlich nicht der richtige Brauch, was mir aber Egal ist, mir ist sowieso Alles egal in diesem Moment) und dann verkrieche ich mich in eine windgeschützte Ecke einer Kapelle die hier erbaut wurde, versuche mir eine Zigarette zu drehen (die sieht aus wie eine Tüte in einem Amsterdamer Coffeeshop) und das Feuerzeug will auch nicht so recht zünden. Brauche 10min Ruhe, niemand spricht mich an, die Körpersprache sagt alles. Wenn mir in diesem Moment Jemand erzählen hätte wie schön dieser verfluchte Tag endet, so hätte ich Ihn einweisen lassen. Es geht weiter durch die kalte Suppe. Der Blick zur Linken in Richtung Sierra Teleno bleibt wie auch Gestern die Aussicht auf die Landschaft verwehrt. Noch über eine Stunde geht es leicht Hoch und Runter. Die Heidebüsche sind weiß gefroren. Ich habe schon einen Riesenbammel vorm Abstieg. Die rechte Sehne schmerzt, dabei müsste sie eigentlich betäubt sein bei soviel Eisspray von Außen. Es warten eintausend Meter steilster Abstieg auf einer Länge von 13km! Warum sind die Pilger im Mittelalter nicht einfach um die Berge herum gegangen? Nein, sie mussten unbedingt immer über den höchsten Punkt anlaufen. Ich schätze mal das sie glaubten sie wären Gott so am Nächsten. Egal. Ich sag mir nur: "Ist wie im Flugzeug, herunter kommt man immer, egal wie". Geröll und dicke Steine. Kälte und Nebel. Links neben dem Weg auf der Straße rauschen die Fahrradpilger im Höchsttempo an uns vorbei. Serpentinen und lange Abfahrten, aber viel zu schnell. Jedem das Seine. Wenn Die sich wieder auf die Nase legen, von mir habt ihr Nichts zu erwarten, ich nehme mir dann vielleicht selber das Rad und lege die Beine hoch und radel dann ins Tal...... Irgendwann unterschreiten wir die Wolkendecke, ich sehe das schöne Tal in der Ferne. Sonnenschein und viele kleine Dörfer und Hügel und Wälder, yeah. Das ist endlich DAS Spanien wie ich es erwartet hatte. Ich gehe im Schneckentempo den Weg herunter, Andries und Katrin warten sicher beim nächsten Kaffee. Ulrike und Cäcilie holen mich ein und wir erreichen gemeinsam das Dorf El Acebo. In der dortigen Bar kommen später noch Alfredo, Klaus und Luise dazu. Großes Wiedersehen. Es geht "Aufwärts", obwohl das Tal noch nicht erreicht ist. Meine Laune wird merklich besser. Nach dem Kaffee gehe ich wieder ein paar Meter vor Katrin und Andries. Die Schmerzen lassen spürbar nach, dafür steigt die Temperatur richtig steil an. Der Camino ist ein Auf und Ab, jeden Tag, wie im richtigen Leben. Sei es mit dem Wetter, der Strecke, des Gemütszustands. Doch nun fliege ich förmlich ins Tal. Ganz klasse Strecke, sehr alte Kastanien, Riesenteile, die typischen Hohlwege und und endlich blühen hier am Wegrand auch mal ein paar Blumen. Unterwegs treffe ich Silke wieder. Wunderbar, der Tag hat es echt in sich. Sie macht gerade ein Picknick mit Tina. Zigarettenpause, Erfahrungsaustausch und dann kommen auch schon die Anderen. Mir wirds wieder zu voll, bloß weiter. Der Weg ist hier einfach fantastisch. Trocken, sehr Grün in der Umgebung. Dann wieder rechts eine steile Felswand und links eine Schlucht, sehr beeindruckend. Kurz vor Molinaseca ist es so herrlich warm, das ich die Hosenbeine lösen kann und auch den Fliespulli am Rucksack festmache. T-Shirt und kurze Hose, der Tag wird immer besser. Noch vor Molinaseca treffe ich Alfredo, er lehnt lässig an einem Felsen, geniesst die Landschaft und eine Camel. Buen Camino Amigo, doch ich renne an Ihm vorbei, ich rauche beim Gehen. In Molinaseca, eigentlich nicht unser Ziel für Heute, überschreite ich eine uralte schöne Brücke. Direkt dahinter am Rio Meruelo setze ich mich draußen vor einem Cafe mit Blick auf die Brücke und bestelle mir ein Bier. Wenn ich Bier trinke heißt das das ich nicht mehr weitergehe. Die Anderen Kommen kurz darauf ebenfalls an und setzen sich zu mir. Andries, Katrin, Silke, Tina, Ulrike und Cäcilie. Nach der Erfrischung teile ich Ihnen mit das ich hier bleibe und von Nun an alleine bleiben möchte. Die beste Entscheidung auf dem Weg bisher. Wir verabschieden uns und ich suche meine Herberge. Am Ortsausgang finde ich sie auch schnell. Alberge Santa Marina, muss natürlich direkt an Marina denken, die kleine Tochter vom Jürgen. Eingecheckt, Wäsche gewaschen und siehe da, Alfredo ist auch hier geblieben. Wir verabreden uns für 19Uhr zum Pilgermenü im Dorf. Sehr schöne, moderne Herberge mit viel Abstand zwischen den Etagenbetten, Alles sehr sauber. Ich nehme meinen Schreibkram und setze mich vor eine Bar am Ortseingang und schreibe drauf los. Da schlendert doch eine Busladung englischer Pilgeromas an mir vorbei, ohne Rucksäcke natürlich. Genauso ein toller Anblick wie viele spanische Macho-Fahrradpilger die ohne Gepäck das Fussvolk fast umnieten und die Betten wegnehmen und deren Rucksäcke mit Kleintransportern von einem Nest zum Anderen gebracht werden. Die Sonne scheint, zwei drei Cerveza, zu mir gesellen sich Juliane und Mike aus Deutschland und Ignazio und Gulliermo aus Andalusien. Pilgertalk live. Um 19Uhr mit Alfedo zum Pilgermenü in einem Restaurant im Ortskern. 8,95€, dafür drei Gänge und Vino Tinto so viel man möchte. Hier soll bloß kein Pilger verhungern. Anschließend trinken wir Draußensitzend noch jeder zwei Orujo Herbas, lecker Likör. Dann schlendern wir noch zur Herberge und reden noch ein wenig auf der Terasse. Für Morgen verabreden wir uns in der superschönen Zweibettzimmer Herberge Santuario de la Quinta Villafranca in Cacabelos. Wir wollen dort schon um 13Uhr eintreffen. Das werden zwar nicht viele Kilometer sein aber wir wollen um 14Uhr den GP von Monaco (Alfredo>Ferrari, claro?) sehen und Abends das spanische Ligafinale. Ein Klassetag mit vielen Höhen und Tiefen. So wirds was........... Ciao.




Diese Töhle begrüßt mich beim Aufbruch.



Der Blick nach Vorne beim Abmarsch, fürchterlich.



Das Cruz in Sicht.


Nur Pilger, keine Touris.


Allerhand Hinterlassenschaften am Eichenpfahl.

Mein Stein......


.......unter Vielen.


Hab mir bald die Finger abgefroren.


Wappen von meinem Jägerzug Stolzer Hirsch.


Die Hirsche direkt unter Portugal :-)


Steine satt.


Heidelandschaft beim Abstieg.


Kälte, Trübe, die schöne Aussicht vernebelt.


Langsam klärt es sich auf.

Unter den Wolken.

Die Bellos der Bar in El Acebo. Struppis zum Mitnehmen, ganz brave Tierchen.

Im Hintergrund die schneebedeckten Berge.


Gelbe Pfeile und toller Straßenname.

Uralte Bäume beim Abstieg nach Molinaseca.


Das Wetter wird spürbar wärmer und der Weg ist klasse.

Hosenbeine abgezippt und Pulli verstaut für die letzten Meter.


Vom Cafe aus der Blick vom Ortseingang in Molinaseca.


Jakobuskreuz an der Häuserwand der Herberge.


Alberge Santa Marina.

 

 
   
 
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