Mätes auf dem Weg nach Santiago
  14. Tag
 

08.08.  Olveiroa - Kap Finisterre 35km

Zum Ende der Welt.
Wir konnten beide extrem schlecht einschlafen, wenn überhaupt haben wir 2 Stunden durchgeschlafen. Der Sauerstoff in diesem kleinem Raum war schon verbraucht bevor endlich Ruhe eingekehrte. Auch die Spanierin mit ihren lauten Latschen war beteiligt an der Unruhe im Raum, ihr Mann sägte zusätzlich mit überaus lautem Geschnarche einen großen Eukalyptuswald nieder. Gegen 06:10Uhr verlassen wir den schönen Ort vorbei an großen beleuchteten Horreos. Am Dorfausgang verpassen wir wohl einen gelben Pfeil und gehen anstatt links in die Prairie, weiter der Landstraße entlang einen Anstieg hinauf. Stetig aufsteigend kommen uns ein paar Autos entgegen die uns aber rechtzeitig sehen so dass wir nicht in die Büsche springen müssen. Kein anderer Pilger vor bzw. hinter uns, das wir nicht dem Camino folgen fällt uns erst später auf. Auch heute Morgen herrscht wieder dichter Nebel in den Tälern. Der höchste Tagespunkt ist schnell erreicht und wir kommen nach 5km durch das Dorf Hospital. An einer Straße erkennen wir am Boden gelbe Pfeile von links kommend, die nun wieder der Straße entlang folgen, so sind wir zufällig einen direkteren Weg nach Hospital gelaufen. Aber dann! Genau an dieser Kreuzung steht gegenüber ein Haus mit Hundezwinger davor. Der Hund befindet sich aber leider nicht innerhalb seines Heims sondern begrüßt uns ohne Leine mit lautem Gebell, kommt dabei auf uns zu gelaufen und fletscht die Zähne. Zum ersten Mal auf mehr als tausend Pilgerkilometern glaube ich dass wir nun gebissen werden. Wir strecken ihm unsere Walkingstöcke entgegen und halten ihn somit auf Distanz. Ohne ihn aus den Augen zu lassen gehen wir ruhig weiter und hoffen dass er von uns ab lässt. Je weiter wir uns von seinem Haus entfernen desto unsicherer wird er und „dackelt“ langsam wieder zurück. Puh, noch mal gut gegangen. Ohne zu übertreiben, das war wirklich knapp. Schon gelangen wir zu einer Bar und treffen die anderen Pilger wieder. Zum Frühstück gibt es Kaffee, Kuchen und Banane. Mario kommt ebenso zehn Minuten später und wir gehen gemeinsam weiter. Kurz darauf gelangen wir zu einer Kreuzung an der auch der Weg nach Muxia angezeigt wird. Muxia muss auf das nächste Mal warten, übermorgen geht unser Flieger. Nur noch 28km bis nach Finisterre, später über 3km dazu hoch zum Kap, kein Problem denn wir haben ja schon ordentlich gefrühstückt. Links herunter ein paar hundert Meter die Landstraße entlang, dann schlagen wir uns nach rechts in die herrliche Heidelandschaft. In einer Höhe von 365 Metern auf dem Monte Pedriña erblicke ich in der Ferne ganz schwach verschwommen das Kap, rufe Rosalie zu mir um ihr die unverwechselbare Küste mit der großen Landzunge und dem Leuchtturm zu zeigen. Ein wahnsinnig tolles Gefühl macht sich breit, zum Greifen nahe, doch viele Schritte entfernt übt der Ort eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Wer schon einmal dort war, der kann mich verstehen. Das Wetter spielt prächtig mit. Eine klare Luft, zum Wandern genau die richtige Temperatur und für den Nachmittag können wir auf mehr als 25 Grad C° hoffen und dazu Sonnenschein. In einer Senke passieren wir nicht nur das laute spanische Paar welches hier eine Pause einlegt, sondern auch noch die Ermita de Nuestra Señora de las Nieves. Die Kapelle stammt aus dem 18Jh. Das Wasser ihrer Quelle soll stillenden Müttern gut tun, ebenso der weiblichen erwachsenen Tierwelt deren Junge noch gesäugt werden. Hier hat sich ein Wallfahrtsort entwickelt der am 8.September volksähnlich belagert wird. Bergauf folgen wir dem Camino, die Landschaft wird nun etwas karger aber immer noch bietet sich uns ein tolles Panorama. In der Ferne das Kap, etwas davor sehen wir das Hafenstädtchen Corcubión. Nun geht es auf einer Geröllpiste steil bergab nach Cée, einer kleinen Industriegemeinde die durch eine Fabrik mit rauchendem Schlot ziemlich hässlich im Vergleich zum Nachbarort Corcubión daherkommt. Auf Meeresniveau umlaufen wir die Bucht um in das schöne Städtchen zu gelangen. Corcubión steht seit 1985 unter Denkmalschutz. Traumhaft gelegen und gut geschützt in einer Bucht. Zum Schutz vor der Ölkatastrophe von 2002 verhinderten die Bewohner mittels einer schwimmenden Barriere ein Desaster und ihre Stadt bzw. der Hafen wurden von der schwarzen Seuche verschont. Hier machen wir heute unsere Mittagspause. Direkt am Hafen finden wir eine Bar und wir bekommen endlich wieder ein leckeres Bocadillo serviert. Nach der Pause nehmen wir die letzten 9,4km in Angriff. Steil bergauf verlassen wir den Ort und wandern auf schattigen Wegen durch dichten Wald zur nächsten Bucht, die den Namen Estorde trägt. Ein Stück der C552 entlang kommen wir zum Badeort Sardiñero de Abajo und können die Urlauber beim Bad im Meer beobachten. Das Wasser lädt geradezu zum Hineinspringen ein, doch wir müssen uns noch gedulden. 6km bis zum Ziel. Diesen Ort verlassen wir ganz schnell und gehen durch eine Schonung in der nun die Sonne gnadenlos und ohne Schatten unsere Wasserreserven schwinden lässt. Noch eine Biegung, dann endlich der grandiose Blick auf Finisterre und den davor liegenden Playa de Langosteira. Wow, ein schöner weißer Strand und das Meer in einem leichten Türkis. Wir halten an und machen natürlich ein paar Bilder, dann fliegen wir förmlich die letzten Meter zum Strand. Der Strand ist touristisch nicht sonderlich erschlossen, daher ist hier viel Platz für wenig Leute, auch in der Strandbar in der wir unser verdientes kühles Bier genießen. Socken aus und ab in die Fluten. Wunderbar, angekommen und die frische des Wassers an den heiß gelaufenen Füßen spüren. Wir lassen uns Zeit, Rosalie und ich, wir wollen uns ein schönes Zimmer nehmen und den Tag in vollen Zügen auskosten. Nach einer langen Pause gehen wir den Strand entlang nach Finisterre hinein. In der öffentlichen Herberge in der wir unseren Stempel und die Fisterrana bekommen ist der Teufel los. Die Fisterrana ist eine Urkunde die Pilger bekommen wenn sie die Compostela erhalten haben und anschließend zu Fuß hier her gegangen sind. Das Haus ist voll und kein Bett ist mehr frei. Mario wird in einer anderen (privaten) Herberge versuchen unter zu kommen. Die Herberge befindet sich direkt um die Ecke der Bushaltestelle, und daneben finden wir auch schon unser Zimmer. Im Hostal Cabo Finisterre mit einem * für 35€ pro Person haben wir ein gutes Bett, das Badezimmer ist auch in Ordnung und einen (fast)unverbauten Blick zum Hafen. Duschen, Einkauf im Supermarkt, dann schauen wir uns im Dorf und Hafen um. Uns geht es richtig blendend. Das Wetter ist perfekt, unsere erste gemeinsame Wanderung, tolle Leute kennengelernt, Urlaub mal ganz anders. Doch der wunderbare Tag ist noch nicht zu Ende. Wir packen unseren Proviant ein und starten den Weg hoch zum Kap. Ohne Rucksack geht es sich erstaunlich leicht, obwohl zuletzt das Gewicht auf dem Rücken kaum noch wahr genommen wird. Es geht, wenn man geht. Es herrscht viel Verkehr die Straße hinauf. Pilger wie wir, aber auch viele Touristen mit PKWs und Wohnmobilen machen sich auf den Weg. Sobald die letzte Biegung den Blick auf den Leuchtturm frei gibt schlägt das Herz schneller. Auch hier löst die Mischung aus Küste, Ozean, Schiffe und Faro eine einzigartige Stimmung aus. Die Touristenshops vor dem Leuchtturm lassen wir Links liegen und schon haben wir den Null-Kilometer-Stein erreicht. Mir laufen hier eindeutig zu viele Menschen herum, die Pilger sind deutlich in der Unterzahl. Wir gönnen uns einen Cafe con Leche in einem Gebäude vor dem Leuchtturm, betrachten die wilde Costa da Morte und telefonieren erstmal nach Zuhause um Bescheid zu geben das wir am Ziel angekommen sind. Dann steigen wir am Leuchtturm vorbei auf die Felsen und suchen uns ein lauschiges Plätzchen, an dem wir unser Festessen auf einem kleinen Plateau ausbreiten. Salute, mit einem Glas Rioja stoßen wir auf das Erreichte an. Oliven, Käse, Schinken, Baguette, Chorizo, Muscheln, Aioli und Melone, Pilgerherz was willst Du mehr? Mario kommt zu uns und erzählt das er seinen Kumpel aus Österreich mit dem er in St.Jean gestartet war wieder gefunden hat und heute nacht unten am Wasser auf den Felsen schlafen wird. Immer mehr Menschen versammeln sich auf der Westseite unterhalb des Leuchtturms und warten auf den Sonnenuntergang. Man könnte meinen wir wären in Gibraltar, der dortige Affenfelsen ist sicher nicht minder bevölkert. Alle schauen in Richtung Westen, der gelbe Feuerball versinkt langsam am Horizont im Atlantik. Ein tolles Schauspiel, auch weil im richtigen Moment ein Segelboot mit aufs Bild möchte. Oooh´s und Aaaahs ertönen von den Rängen als die Sonne untergegangen ist. Dann noch ein Applaus aus der Menge und innerhalb zehn Minuten sind die Pilger unter sich. Verschiedene Ausrüstungsgegenstände werden in kleinen Lagerfeuern verbrannt als Zeichen dafür eine Last des Weges hier zu lassen. Andere werfen Gegenstände ins Meer wie Schuhe oder Wanderstöcke. Ich habe eine leichte Wahl, ein paar löchrige Wandersocken müssen dran glauben. Im Westen versank die Sonne, schon übernimmt der Mond im Süden das Kommando. Eine schöne Atmosphäre herrscht unter den Leuten. Man trifft sich wieder und hat viel zu erzählen. Langsam wird es kühler, meine Socken sind verbrannt und die nackten Füße in den Wandersandalen freuen sich auf den lockeren 3km Abstieg zurück ins Dorf. Ein letzter Blick zurück zum Leuchtturm und nach dreißig Minuten sind wir auch schon wieder im Hafen. Der Abend ist zu schön um schon ins Bett zu gehen, so finden wir im Restaurant O Centolo noch einen Tisch auf der Terrasse mit direkten Blick zu den Fischerbooten im Hafen und trinken uns noch eine kleine Erfrischung. Ein wunderbarer Tag findet sein spätes Ende in einem komfortablen Bett ohne Schnarcher, guter Luft und richtiger Bettwäsche. Buenos Noches Peregrinos.


 







































































































































































 
   
 
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