Mätes auf dem Weg nach Santiago
  33.Tag
 

24.05. Pedrouzo - Santiago de Compostela  21km

Es ist vollbracht.
Tief und sehr erholsam geschlafen, ohne ein einziges Mal die Nase putzen zu müssen. Ich fühle mich gut als ich wach werde, schaue auf die Uhr und im Schlafsaal fängt auch schon das große Packen an. Es ist unglaubliche 04:30Uhr und Jeder ist wach. Niemand beschwert sich, keiner ist mürrisch. Eine Aufbruchstimmung, voller Vorfreude, jeder lächelt den Nächsten an. Buenos días, guten Morgen, goedemorgen, buongiorno, bonjour, good Morning. Alle Sprachen, aber kein Durcheinander wie beim Turmbau zu Babel. Wiedereinmal bin ich als Letzter fertig, keine Ahnung warum, dabei hatte ich doch lange genug Zeit um das Packen zu organisieren. Die letzte Etappe werde ich heute gemeinsam mit Alfredo gehen. Es ist stockdunkel als wir hinter Pedrouzo durch einen Wald gehen müssen. Alfredo trägt seine Stirnlampe in der Hand und leuchtet uns den Weg. Bis auf einen Uhu der auf Nachjagd ist und in der Dunkelheit bekanntlich am Besten sieht ist es mucksmäuschen still im Wald. Tatsächlich finden wir zwischendurch in der Dunkelheit die gelben Pfeile nicht mehr und suchen 5Minuten nach den geliebten Symbolen. Gegen 6Uhr trinken wir uns in Alvite einen Kaffee und gehen dann im Morgengrauen weiter. Es geht steil bergauf und nocheinmal zeigt sich der Camino von seiner ländlichen, ruhigen Seite, bevor er in das Einzugsgebiet von Santiago eindringt. Es dauert nicht lange da machen wir eine große Schleife um das Rollfeld des Flughafens Lavacolla herum. Hinter dem Flughafen überqueren wir den gleichnamigen Bach, dort waschen wir uns ganz nach alter Tradition den Hals. Im Mittelalter haben sich hier die Pilger gründlich gewaschen weil es die letzte Möglich bis zur Kathedrale war und sie sauber und wohlriechend am Grab des Apostels erscheinen wollten. Die Stadt rückt immer näher. Über Villamaior und San Marcos erreichen wir endlich den Monte de Gozo. Ein Monumet hoch über der Stadt ist hier für den damaligen Papstbesuch erbaut worden. Leider ist das Wetter sehr trübe und der Blick auf die Türme der Kathedrale bleibt uns verwehrt. Eine letzte Pause, ein Stempel für unser Credencial in der hiesigen Kapelle und die letzten vier Kilometer beginnen. Wortlos gehen wir zwei leicht hinunter zur Stadt. Der Camino ist dermaßen überfüllt mit Tourigrinos das kaum noch echte Pilger auszumachen sind. Schrecklich anzusehen. Wir gehen nicht mehr, wir rennen, überholen die Leute und wie in Trance kommen wir immer näher ins Stadtzentrum. Wir wechseln quasi kein Wort mehr miteinander, den Blick nach Vorne und immer weiter und weiter. Kurz vorm Ziel ziehe ich Alfredo am Ärmel. Ich bitte ihn das er mir ca. 5min vor der Ankunft Bescheid geben möchte damit ich die letzten Meter filmen kann, er ist ganz erschrocken, als hätte ich ihn aufgeweckt. Dann sind es nur noch ein paar Meter. Ich hole meine Fotoapparat heraus und trage ihn vor mir her. Schon sind wir auf der Nordseite der Kathedrale, rechts liegt der mächtige Bau des Benediktinerklosters San Martín Pinario. Jetzt noch durch einen Tunnel indem ein Musikant mit seinem Dudelsack keltische Musik spielt. Gänsehautfeeling pur. Nun noch links um die Ecke und es eröffnet sich die Praza do Obradoiro. Ein riesiger Platz zu Füßen des Hauptportals der Kathedrale. Ich bin am Ziel. In der Mitte des Platzes knie ich erstmal nieder und gehe in mich und stelle fest das ich in meiner geistigen Umnachtung den falschen Knopf der Kamera gedrückt hatte, also kein Film, was soll´s, davon geht die Welt nicht unter. Ein Gefühl der Erleichterung und innere Wärme überkommt einen in diesem Moment. Alle Strapazen, die schlechten bis sehr schlechten und kalten Albergen, das furchtbare Wetter, die vielen Medikamente, die Schmerzen an den Sehnen welche die Knieschmerzen verblassen ließen, die Tage in Santo Domingo, halb erfrorene Hände am Cruz de Ferro, mit letzter Kraft nach Astorga, der blöde isländische Vulkan der den Start so kompliziert machte. Weg, alles ist wie weggeblasen. Nur noch Leichtigkeit und Freude über das Geleistete. 800km, wo sind sie hin? In diesem Moment fällt mir der Bustransfer von Santo Domingo nach Burgos ein und beschließe sofort das ich nicht das letzte Mal hier angekommen bin. Touristen machen Bilder von Alfredo und mir. Alfredo hat seine Stiefel ausgezogen und legt sich auf den Rücken, streckt die Arme und Beine von sich und symbolisiert so ein Kreuz. Das ist sein Moment, ich lasse meine Fotoapparat aus. Dann ist erstmal gegenseitiges Umarmen an der Reihe. Gitte, Irmgard und Alfredo. Kurz darauf kommen Silke, Andreas, Josef und Katrin. Mittlerweile ist es ca. 12Uhr und wir gehen zum Pilgerbüro um unsere Compostela abzuholen. Eine riesige Schlange erwartet uns, wenn wir uns jetzt noch anstellen kommen wir zu spät zum Gottesdienst in der Kathedrale. Also machen wir uns auf die Suche nach unserem Hostal, welches wir schon gestern telefonisch gebucht hatten. Einen Flyer den wir in Pedrouzo auf der Straße annahmen verdankten wir unser-Bettzimmer. Doch im Pilger- und Touristenbüro sagte man uns das diees Hostal illegal wäre und die Dame gab uns daraufhin Rat dort nicht einzuquartieren. So ergattern wir widerum ein 4-Bettzimmer im Hostal Mapoula, immerhin ein drei Sterne-Hostal. Doch wir laufen kreuz und quer durch die historische Altstadt und finden das Hostal nicht, trotz Stadtplan. Diese Stadt ist einfach zu verwinkelt und im Stadtplan sind die ganz engen Gassen nicht eingezeichnet.  Irgendwann haben wir es dann doch geschafft. Rucksäcke auf die Betten geschmissen und ab zur Pilgermesse. Die Kirche ist rappelvoll, so nehmen wir halt einen Stehplatz ein. Leider wird heute Mittag der Botafumeiro (Bota = pusten, blasen und fumeiro = Rauch) nicht durchs Kirchenschiff geschwenkt, sehr sehr schade. Der Botafumeiro wird immer nur geschwenkt wenn mindestens 250€, zum Beispiel von einer Pilgergruppe, gespendet wird. Die Messe ist trotzdem wirklich großartig. Eine Nonne singt die ersten 20 Minuten und danach erscheint der Bischof von Santiago und erteilt den Pilgersegen. Im Anschluss der Messe gehen wir schnell zum Osteingang um zur Skulptur des Apostels zu gelangen. Eine kurze Schlange und dann erreichen wir über eine Treppe den in Gold, Silber und Edelsteinen geschmückten Jakobus. Den Apostel von hinten umarmen und küssen, nun ist die Pilgerreise entgültig vorbei. Auf dem Rückweg nach Draußen geht man durch die Krypta in der angeblich die Gebeine des Apostels ruhen. Vor der Kathdrale ist die Schlange mindestens zehnmal so lang geworden, nur gut das wir einen Stehplatz hatten :-) . Danach essen wir in einer Bar unser Pilgermenü und anschließend wird erstmal ein Mittagschlaf gehalten. Das Zimmer besteht zwar nur aus vier Betten, aber wir haben ein richtiges Badezimmer mit sauberer Toilette und einer Badewanne und kostet nur 75€, perfekt für anspruchslose Pilger wie wir. Am späten Nachmittag holen wir unsere Compostela ab, ein Wahnsinnsgefühl, der junge Mann stellt fest das ich von St.Jean aus gestartet bin und ist begeistert, anscheinend hat er heute genügend Domingeros und Tourigrinos ihre Urkunde aushändigen müssen. Danach besuchen wir nocheinmal die Messe, nur um ein paar Fotos zu schießen, und siehe da, der Botafumeiro hängt am Seil! Wow, so verbleiben wir ein zweites Mal in der Pilgermesse und erleben das grandiose Schauspiel wie das riesige Weihrauchfass durch die Kathedrale geschwenkt wird. Acht Männer sind dazu nötig und das Teil versprüht den Duft von Weihrauch im gesamten Gotteshaus. Nicht jedermanns Geruchsgeschmack übrigens, sehr streng. Doch im Mittelalter wurde er nur deswegen geschwenkt um den Geruch der weit gereisten Pilger zu übertünchen. 1,60m hoch und gefüllt immerhin 100kg schwer. Das Video dazu demnächst hier. Am Abend machen Alfredo und ich mit Tapas und Vino Tinto die eine oder andere Bar unsicher und der letzteTag endet ziemlich spät. Morgen ist Ausschlafen, Shopping und Sightseeing angesagt.


Am frühen Morgen nach dem Packen, der Mätes mal wieder der Letzte , die anderen Betten sind schon verlassen.


Stockdunkel direkt nach dem Start. Der Blitz meiner Kamera leuchtet ein paar Meter den Camino aus.


Am Bach Lavacolla den Nacken waschen um später "sauber" die Pilgermesse zu besuchen.


Ein Gruß von Diana an mich?


Santiago kommt immer näher.


Fünf Caballeros de Peregrinos auf dem Monte de Gozo, dem "Berg der Freude".


Der Papst war auch schon hier, und der Mätes..........


......mit seinem Hermano.


Ortsschild von Santiago de Compostela, kribbeln in den Beinen macht sich breit.


Wir überholen pausenlos die Tourigrinos.


Von hier an starte ich mit meiner Kamera den Film, dachte ich......


Ankunft auf der Praza de Obradorio. Vorne Irmgard und Gitte. Dahinter Alfredo.


Schon da? Kann´s gar nicht fassen. Ehrlich.


Freude kommt auf, Erleichterung und das Gefühl das man alles schaffen kann wenn der Wille vorhanden ist.


Die Last abgelegt. In mich gekehrt. 33Tage laufen wie ein Kurzfilm vor Augen ab.


Blick zum Hauptportal.


Andreas, Josef, Katrin und Silke kommen ebenso an.


Der Apostel überragt den Platz. Links und Rechts das Jakobuskreuz.


Im Detail etwas verwittert, was mich doch sehr verwundert weil Santiago immerhin nach Jerusalem und Rom der dritte große Wallfahrtsort der katholischen Kirche ist. Doch diese Kathedrale hat eine Magie in sich, unglaublich, bedenkt man wieviel millionen Menschen diesen Ort schon besucht haben.


Besuch der Pilgermesse. Eine Nonne mit glasklarer Stimme singt für die Wallfahrer.


Anschließend hält der Bischof von Santiago die Pilgermesse ab und vergibt uns alle Sünden.


Der Schrein in dem der Apostel Jakobus sich als Skulpur befindet. Fotografieren war Innen leider verboten.


Als wir wieder herraus treten war die Schlange um das Vielfache größer.


Im Vorraum des Pilgerbüros indem wir unsere Compostela erhielten mit Irmgard und Alfredo. Das wichtigste Dokument halten wir bereit, unseren Pilgerausweis! Bin ganz schön dünn geworden, Krankheit und das tägliche Gehen haben mir 3,5kg genommen.


Gleich ist es soweit, nur noch ein Formular ausfüllen. Name, Land, wo gestartet, Grund des Pilgerns.


In der Messe am Abend werden wir zur Freude Aller überrascht als der Botafumeiro am Seil bereit hängt.


Acht Männer sind nötig um das Weihrauchfass, nachdem es durch einen Küster angeschoben wurde, durch das Querschiff der Kathedrale zu schwingen. Wahnsinnsschauspiel sag ich euch. Tolles Erlebnis.


 
   
 
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