Mätes auf dem Weg nach Santiago
  4.Tag
 

25.04.2010 Cizur Menor - Puente da la Reina  18,7km

Erste Blessuren.
Klasse Betten, nur drei Schnarcher und zweimal wach. Wegen dem San Miguel vielleicht? Um 07:20Uhr gehts wiedermal als letzte Pilgergemeinschaft los in Richtung Alto del Perdón, hinauf auf 771m Höhe. Das mit dem Packen am frühen Morgen kriege ich immer noch nicht so recht auf die Reihe. Ein letzter Blick auf die wunderschöne Herberge und dann durch das verschlafene Cizur Menor in Richtung Bergkamm, auf dem ein Pilgerdenkmal auf uns wartet. Hinter dem Ort hält sich die Strecke noch relativ flach. Durch sattgrüne Felder und kleine Wäldchen erblicken wir bald die Ruine des Burg-Palastes der Grafen von Guendulain auf einem Hügel rechts. Nach 1 1/4Std erreichen wir das am Hang gelegene Dorf Zariquiegui. Dann verläuft ein Pfad rechts an der Flanke des Berges hinauf zum Alto del Perdón, der einen herrlichen Rundblick bietet. Hier haben Navarras Jakobswegfreunde 1996 ein eigenwillige Pilgerkarawanenskulptur aus 20mm starken Blech errichet. Dort Oben weht ein eiskalter Wind, die Windräder summen (seit ich die Windräder zum ersten Mal in der Ferne sah erinnerte mich das an den Film Langoliers von Stephen King, unbehagliches Geräusch, wirklich), schnell Fotos schießen, einen schlecht schmeckenden Kaffee bei dem fliegenden Händler gekauft, weggeschüttet und unmittelbar den Abstieg in Angriff genommen. Eine atemberaubende Aussicht auf der Rückseite des Bergkamms, wow, diese Weite. Diana geht ziemlich flott vorran. Der Weg ist sehr tückisch, bedingt durch große lose Steine muss man aufmerksam einen Fuß vor den Anderen setzen. Unglaublich das die Spanier, es ist Sonntag, diesen Steilen Weg mit ihren Mountainbikes herunter preschen. Unten angekommen treffen wir Gitte (sie war schon im Dunkeln aufgebrochen), die auf einer schattigen Parkbank eine Pause eingelegt hat. Wir nutzen die Gelegenheit für unser Frühstück. Die Butter hält sich erstaunlich lange ohne Kühlschrank :-). Kurz danach gesellt sich Gerlinde zu uns. Sie war Gestern in Pamplona in der Herberge der Paderborner Jakobsbrüder und berichtet auch nur Gutes von der Unterkunft. Nach dreißig Minuten packen wir Alles wieder ein und gehen weiter. Ungefähr 500m weiter rauschen zwei Spanier mit ihren Bikes an uns vorbei, sie haben wohl noch den Schwung vom Abstieg in ihren Drahteseln und ich schätze mal das sie noch 35km/h drauf haben. 20m vor uns ragt eine Wurzel in den Weg, der erste Fahrer kann noch ausweichen aber der Zweite übersieht Diese und überschlägt sich. Mit einem lauten Stöhnen endet seine Rutschpartie mit dem Gesicht auf dem Geröllweg. Sein Kumpel hat davon nichts mitbekommen und fährt weiter. Fluchen und Jammern vereinten sich. Die linke Gesichtshälfte ist blutverschmiert, ein paar Zähne sind locker. Im ersten Moment weiß er gar nicht ob er Männlein oder Weiblein ist. Die Augen hat er noch nicht unter Kontrolle, sie rollen von Links nach Rechts und zurück. Er hat bestimmt einen Schock erlitten. Seine Brille ist im Ar....., das Rad ok und sein verkratzer Helm hat ihm wohl vor Schlimmeren bewahrt, wenn man hier noch von Schlimmeren schreiben kann. Die üblichen Schürfwunden an Armen und Beinen geben ein jämmerliches Gesamtbild ab. Armer Kerl, tut mir echt leid, deswegen mache ich auch keine Fotos von ihm, ein bißchen Würde muss sein. Der kriegt schon genug Ärger wenn er nach Hause kommt. Gitte, Diana und ich versorgen ihn mit feuchten Taschentüchern bis er wieder soweit ist das er telefonieren kann und versuchen ihn zu beruhigen. "Jeet et wigger, Jung?", versteht mich sowieso nicht. Sein Bikerfreund kommt auch endlich zurück und unser Camino geht weiter. Plötzlich, wie aus dem Nichts, schmerzt die Sehne in meinem linken Spann, der Übergang vom Schienbein zum Fuß. Nach zehn Minuten kann ich kaum noch Gehen. So ein Mist. Was ist das denn jetzt? So humpel ich bis Uterga. Hier legen wir eine Pause von einer Stunde ein. Somit bleibt unser Ziel für heute offen, geplant war der Ort Cirauqui. Na gut, ein guter Kaffee, am Nebentisch Hazel&Christopher und wir gehen sehr langsam weiter. Durch meine blöden Schmerzen, weil ich mehr auf meinen Körper achte als auf den Reisefüher, verpassen wir den Abstecher zur Iglesia de Santa María de Eunate. Die achteckige Wallfahrtskirche gehört zu den schönsten romanischen Bauwerken am Jakobsweg. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Felsendom in Jerusalem wird sie dem Orden der Tempelritter zugeschrieben. Dann eben ein anderes Mal. Die jetzige Strecke ist von der Gegend her sehr entspannend, Korn- und Rapsfelder, was ich von meinem Fuß nicht gerade behaupten kann. Geht der Weg ebenerdig oder bergauf verspüre ich rein gar keinen Schmerz, führt der Weg bergab muss ich unweigerlich kleine und kurze Schritte machen. Diana ist immer an meiner Seite und gleicht sich meinem Tempo an. Tolle Gefährtin. Die Dörfer sind wie ausgestorben, was auch nicht verwundert weil es ist Mittagszeit und das heißt in Spanien Siesta. Vor Obanos erinnere ich mich an meine spirituelle Pilgerapotheke die mir Sabine mitgegeben hatte. Zur Erklärung: Sie besteht aus vielen kleinen Karten mit Pilgerweisheiten in Form von Sprüchen die man benutzen soll wenn du einmal Hilfe brauchst, oder Nachdenklich bist oder einfach nur Ruhe finden möchtest. Ich bitte Diana kurz anzuhalten und krame das kleine silberne Döschen herraus. Ziehe eine Karte und auf Der steht doch tatsächlich: "Es geht, wenn man geht". Schon jeck!!!! Nehme mir das zu Herzen und wir gehen wortlos und nachdenklich weiter bis Obanos. In Obanos holen wir uns in der hiesigen Herberge unseren Stempel ab und treffen Alfredo wie er sich gerade dort einquartiert. Kurzes Hallo und weiter über den zentralen Dorfplatz an der Kirche entlang. Just in diesem Moment ist gerade der Gottesdienst beendet. Die Plaza füllt sich schnell mit vielen Gläubigen. Zwei in Schwarz bekleidete alte Frauen kreuzen unseren Weg, "Buen Camino" von der Einen und ein "Bon Viaje" von der anderen noch älteren Frau. Ich bin beeindruckt! Dachte ich doch das die Basken ein eher verschlossenes Volk sind. Von wegen. Ich erwidere freundlich ein "Muchas Gracias" und wir verlassen Obanos in Richtung Puente de la Reina. Dort angekommen müssen wir überlegen. Weiter bis Mañeru, dort gibt es nur ein Hostal, oder bis Cirauqui? 7Km, zu viel für mich. Eindeutig! Die Vernunft siegt und wir kehren hier ein. Die Alberge heißt Jakue, eine Kombination aus Hotel und Herberge. Luxusduschen mit Radio. TV, Internet und Abends ein super Pilgermenü. Unterkunft 8€, Essen 11€. Gönnen wir uns Heute ´mal was. Die Etagenbetten im Schlafraum sind sehr schön als Nieschen abgetrennt. Alles sehr sehr sauber. Hier beginnt die Nachtruhe erst um 23Uhr, sehr gut! Auf der Terasse treffen wir Markus und Horst. Markus hilft mir mit Voltarengel (meine liegt Zuhause im Kühlschrank, da liegt sie gut....) und Voltaren in tablettenform aus. Wir besichtigen die tolle Altstadt von Puente de la Reina mit der dazugehörenden gleichnahmigen Brücke. Die bisher schönste Brücke am Weg. Hier treffen der aragonische Weg (über den Somport-Pass) und der Camino francés in Navarra zusammen. Nach dem wirklich leckeren Pilgermenü, bestehend aus einem kalt-warmen Büffet, geht Diana ins Bett und ich verziehe mich noch an die Bar um in Ruhe mein Tagebuch zu schreiben. Markus und Horst gesellen sich zu mir und ich vergesse die Zeit. Die Beiden sind zwei total, positiv, Verrückte und wir lachen den ganzen Abend. Gegen 22:50Uhr sehe ich zu das ich noch in die Unterkunft finde. Markus und Horst haben sich ein Hotelzimmer genommen und haben keine Eile. Ich also raus, nach Hinten zum Eingang. Geschlossen! Dann zum Nebeneingang. Ebenfalls geschlossen!!! So suche ich mir einen Weg durchs sehr große Hotel in Richtung Keller in dem der Schlafraum untergebracht ist. Durch die Küche, über verschiedene Treppen, da treffe ich den Hospitalero. Der mault mich an, schimpft mit mir. Kann die spanischen Ausrufe überhaupt nicht übersetzen, doch die Gestik sagt mehr als tausend Worte. Ich schaue auf die Uhr und sage ihm halb fragend: "Senior. Quattro Minudos!!!" Doch Der beschimpft mich weiter und weißt mir einen Weg durch die Katakomben. Im Schlafsaal angekommen klettere ich hoch ins Bett (habe durch die Medis einen im Tee), schlafe sofort und ohne mich auszuziehen ein. Irgendwann in der Nacht bringe ich die Cervezas zum Klo, zieh mich Dort aus und finde dann endlich meinen verdienten Schlaf. Buenas Noches Compañeros.

Übrigens: Diana kommt aus Apeldoorn und geht das gleiche Tempo weil sie ebenso 1,80cm gross ist. Passt schon. Spricht kein Deutsch aber Englisch. So wird mein Niederlaendisch taeglich besser und ich bringe ihr Spanisch bei. Hasta Luego Amigas y Amigos.



Gut zu erkennen ist das der Mätes wiedermal der Letzte in der Herberge ist als wir am Morgen aufbrechen.


Ein letzter Blick zurück zur Herberge. Sieht hier so aus als ob Diana die Letzte war, dabei musste sie auf mich warten..................


Das verschlafene Cizur Menor am frühen Sonntagmorgen, im Hintergrund ist schon der Bergkamm zu sehen.


Es ist noch etwas kühl am Morgen, aber zum Wach werden optimal.


Blick zurück in Richtung Osten, die Sonne hatte schon am Vormittag genügend Kraft um in kurzer Hose zu wandern.


Die Ruine des Burgpalastes der Grafen von Guendulain.


Die Richtungsweiser wie immer in zwei Sprachen: Spanisch und Baskisch.


Trink- und Raucherpause bei herrlichem Wetter im Trikot, wegen des Siegs gestern nochmal getragen.....


....und dem tollen Panorama in Richtung Alto de Perdón.


Kurz vorm Gipfel ging es nochmal steil bergauf.


Fast oben, nur noch ein paar Meter.


Vor den Pilgerskulpturen, es ist ziemlich windig und kühl. Trotzdem das Trikot zeigen.


Sehr eigenwilliges Denkmal...........


....bestehend aus Pilgerfiguren. Rostrot.


Kaffee und Kaltgetränke. Den Kaffee allerdings konnte man keinem Esel ins Ohr schütten.


Dann gings es heftig bergab. Schotter und Geröll. Perfekt für wagemutige Biker.


Direkt nach dem Abstieg unser Picknick.


Schaue mir die Gegend an und genieße.......


....den Blick ins weite Land.


Sofort nach der Pause wuchsen die Büsche am Weg, deren Wurzeln dem Fahrradfahrer zum Verhängnis wurden.


Kräftig leuchtendes Rapsfeld. Hier begannen die Schmerzen.....


...und zogen eine einstündige Pause nach sich. Schaue hier schon etwas gequält drein.


Nach Santiago nur noch 747km, Buen Camino Mätes.


Am Ortseingang von Obanos.


Eine lange Gasse in der Altstadt von Puente de la Reina.


Beeindruckende alte  "Puente de la Reina", hier führt der aragonische Camino und der navarrische Camino Frances zusammen.


Der Speisesaal in der Albergue Jakue, vom Allerfeinsten.


Beim Tagebuch schreiben an der Bar. Meine Utensilien: Bier, Tagebuch, Reiseführer, Zigaretten, Fotoapparat, Voltarengel. Auf dem Foto ganz links ist Horst zu erkennen. Das Foto schießt Markus.

 
   
 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden